Ratgeber Musikunterricht

Einzelunterricht vs. Gruppenunterricht

Prof. Asmus J. Hintz
Musikschulbetreiber, Lehrkräfte, Schüler und Eltern sehen sich häufig mit der Frage konfrontiert, welche Unterrichtsform für wen wann am besten geeignet wäre.

Vor 40 Jahren hat man sich mit dieser Frage nicht sonderlich beschäftigt. Für die meisten Musikpädagogen stand fest, dass die individuelle Förderung der Lernenden, der Einzelunterricht, die Schüler am besten in ihrer Entwicklung unterstützt.

In den siebziger Jahren hat u. a. der Verfasser dieses Artikels mit der Erforschung von Methoden und Unterrichtsformen des instrumentalen Gruppenunterrichts begonnen. Die Ergebnisse wurden von Verbänden und musikpädagogischen Ausbildungsinstitutionen vehement bekämpft und in Ermangelung eigener Forschungsresultate verunglimpft. Zuspitzend und polemisierend wurde rhetorisch gefragt, ob es beim Musikunterricht denn vorrangig um Kultur oder Kommerz gehe. Die “guten“ Lehrkräfte  erteilten Einzelunterricht und die “bösen“ Gruppenunterricht.

Die staatlichen und kommunalen Subventionszahlungen für die Musikschulen flossen reichlich - und  scheinbar auf ewig. Seit den achtziger Jahren werden allerdings die finanziellen Zuschüsse kontinuierlich gekürzt, und auf wundersame Weise wurde der Gruppenunterricht plötzlich doch als musikpädagogisch wertvolle Ergänzung zum Einzelunterricht erkannt.

Alles Lernen beginnt in der Familie, in der Gemeinschaft, in der Gruppe. Der Verfasser vertritt die Meinung, dass die Grundlagen der musikalischen Kommunikation - denn um nichts anderes handelt es sich beim Erlernen eines Musikinstruments oder des Singens - am wirkungsvollsten im Gruppenunterricht vermittelt und erlernt werden können. Diese Unterrichtsform bietet aus musikpädagogischen sowie lernpsychologischen Gründen dafür die besten Voraussetzungen. Der Gruppenunterricht ist die „normale“ Ausgangssituation für jeden Schüler. Daraus ergibt sich auf natürliche Weise die individuelle Unterweisung, um unterschiedliche Fähigkeiten angemessen zu fördern.

Obwohl die musikpädagogischen Vorteile des Gruppenunterrichts nicht mehr hinterfragt werden, fordert dessen Organisation regelmäßig die Musikschulleitung und die Administration heraus. Einerseits werden Lehrkräfte benötigt, die mit der Methodik des Gruppenunterrichts vertraut sind und auch gern auf diese Weise unterrichten möchten. Andererseits bedarf es geeigneter Räumlichkeiten und einer entsprechenden Ausstattung mit Instrumenten und Lernmitteln.

Nicht wenige Lehrkräfte lehnen es ab, sich auf ein konkretes Lehrwerk für ihren Unterricht festzulegen. Sie berufen sich auf ihre pädagogische Freiheit und bevorzugen es, jeden Schüler nach seiner Tagesform einzuschätzen und ihn situationsgerecht zu unterweisen. Das mag für den Einzelunterricht gut funktionieren. Sobald jedoch mehrere Menschen zur gleichen Zeit in einem Raum unterrichtet werden sollen, ist es sinnvoll, ein Unterrichtskonzept zu verwenden. Dieses basiert in der Regel auf einem Lehrplan, der Ziele vorgibt, die innerhalb einer bestimmten Zeitspanne von allen zu erreichen sein sollten. Darüber hinaus gibt es Zusatzmaterial, um die Lernenden auf unterschiedliche Weise angemessen am gleichen Stoff zu beteiligen. Der Fachbegriff “Binnendifferenzierung“ steht für diese Art des Vorgehens. - Ein guter Gruppenunterricht erfordert eine sorgfältige Planung und Vorbereitung seitens der Lehrkraft. Zudem ist es sinnvoll, dass in einer Musikschule mehrere Lehrkräfte das gleiche Unterrichtskonzept verwenden, um in Fällen von Krankheit, Urlaub oder des Wechsels eines Schülers in eine andere Gruppe nahtlose Übergänge zu ermöglichen. Arbeitet jedoch jede Lehrkraft mit ihren eigenen Unterlagen, ist diese unbedingt notwendige Zusammenarbeit nicht möglich.

Der Verfasser hat immer wieder erlebt, dass die gut qualifizierten Musiker unter den Kolleginnen und Kollegen keine Probleme haben, sich mit dem wohlüberlegten Gruppenunterricht und zielorientierten didaktischen Konzepten und Methoden zu befassen. Die Ablehnung kommt stets von Minderqualifizierten, die Schwierigkeiten mit allem Neuen haben, weil sie fürchten, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Eine weitere Gruppe von “Ablehnern“ ist schlicht zu faul, sich fortzubilden. Für diese steht nicht der Erfolg der Lernenden im Vordergrund, sondern die eigene Bequemlichkeit.
Alle Musikschulleitungen stehen irgendwann vor der Situation, sich näher mit den Rahmenbedingungen des Gruppenunterrichts befassen zu müssen - spätestens dann, wenn die personellen, zeitlichen und räumlichen Kapazitäten der Musikschule durch Einzelunterrichte so ausgelastet sind, dass man keine neuen Schüler mehr aufnehmen kann.

Im Folgenden stehen die organisatorischen und konzeptionellen Rahmenbedingungen für die Durchführung von Gruppenunterricht im Mittelpunkt. Da die musikpädagogischen Aspekte sehr umfangreich sind, sollen diese an anderer Stelle behandelt werden.

Diese Faktoren sind bei der Organisation von Gruppenunterricht zu bedenken:

  • Unterrichtsraum
  • Gruppenstärke
  • Preisgestaltung
  • Unterrichtskonzepte
  • Lehrkräfte
Unterrichtsraum

Die Unterrichtsräume sollten eine angenehme und nicht überladene Atmosphäre bieten, hell und freundlich wirken. Dies erreichen Sie z.B. durch die Kombination der Farben Weiß, Gelb und Hellgrau. Die Raumgröße sollte für die frühkindlichen Unterrichtskonzepte Platz für Kinder und deren Begleitperson(en) bieten und ausreichend Freifläche (20 - 25 qm) für Bewegungsspiele aufweisen.

Für den instrumentalen Gruppenunterricht sollten die Instrumente - z. B. Tasteninstrumente, Gitarren oder Schlagzeuge - sowie das entsprechende Zubehör in der maximal geplanten Gruppenstärke vorhanden sein. Empfehlenswert ist, möglichst baugleiche Modelle zu verwenden und diese auch in allen anderen Räumen der gleichen Unterrichtsart bereitzuhalten. Es erleichtert die Handhabung durch Lehrkräfte und Schüler, und das unablässige Hin- und Hertauschen und Transportieren entfällt.  Zudem können Sie leichter den Überblick und die notwendige Ordnung in den Unterrichtsräumen halten. Ferner sollte eine (möglichst) magnetische Tafel mit Notenlinien und Magnetnotenköpfen, ein CD-Player, Sitzhocker und Notenständer der Schüleranzahl entsprechend sowie ein Regal oder Unterschrank zur Aufbewahrung der Materialien vorhanden sein.

Gruppenstärke

Die Anzahl der Teilnehmer in einer Gruppe richtet sich u. a. nach der Größe der Unterrichtsräume. Es hat sich bewährt, von maximal 8 - 10 Kindern (und deren Begleitpersonen) im frühkindlichen Bereich und von 4 - 6 Schülern im Instrumentalunterricht auszugehen.

Preisgestaltung

Die Preisgestaltung ist grundsätzlich an den in der Region üblichen Tarifen zu orientieren. Ein Besuch der Webseiten der Mitbewerber gibt erste Anhaltspunkte. Wir raten Ihnen nicht, die Mitbewerber unbedingt unterbieten zu wollen. Im Bereich der frühkindlichen Bildung kommt es nicht darauf an, wer den günstigsten Preis macht, sondern wer die Kinder am besten unterrichten kann. Überzeugen Sie die Eltern durch Ihr gesamtes Auftreten als Musikschule und im Gespräch durch Ihre fachlich kompetenten Erklärungen. Falls Sie ein methodisch und didaktisch qualifiziertes Konzept wie z. B. “Max und Mia“ von conmusica in Ihrer Musikschule einsetzen, haben Sie keinerlei Probleme, mit Ihrer Preisgestaltung zu überzeugen, auch wenn diese höher liegen sollte als die der Mitbewerber.

Nicht immer gelingt es, die Gruppen optimal zu besetzen. Sollte die Anzahl der Lernenden z. B. im instrumentalen Gruppenunterricht geringer ausfallen, können Sie dies nachvollziehbar über den Preis oder die Unterrichtsdauer kompensieren. Allerdings sollte die Unterrichtsdauer im Falle von Kleingruppen (zwei Personen) nicht kürzer als 30 Minuten pro Unterrichtseinheit sein.

Unterrichtskonzepte

Wie bereits zuvor ausgeführt, ist es problematisch, die Entscheidung über das Unterrichtskonzept den Lehrkräften zu überlassen. Eine Musikschule ist ein Unternehmen wie jedes andere auch. Die Leitung muss dafür sorgen, dass dieses Unternehmen ein unverwechselbares Profil hat und für die Kunden dauerhaft und zuverlässig eine hohe Unterrichtsqualität anbieten kann. Dies kann nicht gelingen, wenn man sich von einer “Super-Lehrkraft“ abhängig macht, die ihr eigenes Programm und System unterrichtet. Je großartiger diese Person arbeitet, desto gefährlicher wird es für die Musikschule. Da die Leistungserbringung vornehmlich an diese Person gebunden ist, wird mit deren möglichem Ausfall durch Krankheit oder Arbeitgeberwechsel die Musikschule in eine schwere Krise gestürzt. Wer kann die Schüler übernehmen und wie diese zufriedenstellen? Sich als Musikschulleiter auf Einzelpersonen mit eigenem “System“ in der Unterrichtsdurchführung zu verlassen, ist in hohem Maße kritisch.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Die individuelle Leistungsfähigkeit einer Lehrkraft steht keinesfalls in Frage! Aber konzeptuelle Alleingänge gefährden die wirtschaftliche Existenz jeder Musikschule. Es ist eine Frage der Führung, was in einer Musikschule geschieht. Sollte eine Lehrkraft sich weigern, das von der Leitung ausgewählte pädagogische Konzept unterrichten zu wollen, weil man ja sein eigenes hat und bevorzugt, dann verzichten Sie getrost auf diese Person. Sie werden über kurz oder lang eine für Ihr Unternehmen besser geeignete Fachkraft finden.

Eine einheitliche Unterrichtskonzeption und die Verwendung einheitlichen Unterrichtsmaterials bringen für eine Musikschule folgende Vorteile:

  • Die Musikschule kann mit einheitlichem Konzept und verlässlichen Aussagen werben.
  • Die Weiterführung der Schüler zu anschließenden Unterrichtsprogrammen z. B. von der frühkindlichen musikalischen Bildung bis hin zum instrumentalen Gruppenunterricht lassen sich innerhalb der Musikschule problemlos organisieren.
  • Die Musikschul-Verwaltung kann Interessenten hinsichtlich der Unterrichtsprogramme besser und gezielter beraten, weil die Musikschule ein klares Profil anbietet.
  • Die Lehrkräfte verfolgen eine gemeinsame Philosophie und abgestimmte Lernziele, zu deren Erreichen sie ungehindert ihre Individualität einbringen können und sollen.
  • Eine angemessene Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte ist gewährleistet.
  • Die Musikschule entwickelt ein eigenes Profil.
  • Vertretungsstunden können unproblematisch von Kolleginnen und Kollegen durchgeführt werden.
  • Wechselt eine Lehrkraft, müssen die Schüler sich nicht auch noch auf ein anderes Unterrichtskonzept einstellen. Innerhalb der Musikschule kann ein Schüler unproblematisch zu einer anderen Lehrkraft wechseln.
  • Die Schüler bleiben der Musikschule länger als Kunden erhalten.
Ausbildung der Lehrkräfte

Weitere Informationen zur gesamten Thematik sowie eine Vertiefung Ihrer individuellen Situation können wir im persönlichen Gespräch erörtern, zu dem wir Sie herzlich einladen.

Conmusica bietet unter anderem Zugang zu umfangreichem und bewährtem Fachwissen in den Bereichen Musikschulorganisation, Führung, Musikpädagogik und der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften.

Einzigartige Unterstützung bieten unsere speziell für den Gruppenunterricht entwickelten Unterrichtskonzepte für die frühkindliche musikalische Bildung und den instrumentalen Gruppenunterricht. Informieren Sie sich gern über die Konzepte und die entsprechenden Seminarangebote.

 

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